Geballte Frauenpower in der Doppelspitze bei AuB
Visionen und Hintergründe. Ein Interview.
Herausforderungen Welche persönlichen und beruflichen Herausforderungen haben Sie als Frau in einer Führungsposition erlebt und wie sind Sie damit umgegangen?
Kordula Weber: Es war eine Herausforderung einen Betrieb zu übernehmen, der gegründet und geleitet wurde von einem Mann, dessen Führungsstil von einem väterlichen Männlichkeitsverständnis durchzogen war. Die Unternehmenskultur ist sehr familiär geprägt und persönliche Beziehungen spielen eine große Rolle. In weiblicher Form den Mitarbeitenden ein Gefühl von Führung, Kraft, Schutz zu geben und dabei bewusst nicht Väterlichkeit durch Mütterlichkeit zu ersetzen, ist eine große Herausforderung.
Führungswechsel heißt auch immer Veränderung der Unternehmenskultur, Widerstände nicht persönlich nehmen und den Mitarbeitenden Zeit lassen, das ist wichtig.
Wir müssen uns vor allem selbst treu bleiben und mit unserer Vorstellung von Führung authentisch sein.
Angelika Funk: Klare, sachliche Führung von Frauen wird immer noch kritischer angenommen als von Männern, hier gibt es ganz andere Widerstände und die Mitarbeiterschaft muss sich immer noch umgewöhnen. Schnell wurde alles zu einem Beziehungsthema gemacht, das war unter der männlichen Führung anders.
Auch in einem sozialen Verein mit progressiven Grundhaltungen haben es Frauen in der Führung schwerer als Männer, das haben wir erfahren. Mit Kompetenz und klarer Haltung überzeugen, das ist wichtig.
Superpower des Erfolgs Als Frau braucht man manchmal eine Superpower, die uns hilft, Herausforderungen zu meistern. Welches ist Ihre Superpower und wie setzen Sie sie ein, um die Mitarbeitenden zu motivieren und zu inspirieren?
Kordula Weber: Unser beider Superpower ist immer die Begeisterung für die Sache, für das Projekt, für das Ziel, das dahintersteckt. Wir haben an unseren Werten gearbeitet, an einem neuen Leitbild. Angesichts der drastischen gesellschaftlichen und weltpolitischen Veränderungen sich auf unser Ziel zu fokussieren und als „kreative Weltverbesserer“ unserer täglichen Arbeit Sinn zu geben, das ist unsere Superpower. Gemeinsam gegen Diskriminierung, Spaltung, Rechtsruck, Antisemitismus aktiv zu werden…das Wissen darum, hier einen Beitrag zu leisten, gibt Kraft.
Angelika Funk: Wir geben uns gegenseitig Power und stützen uns. Wir ergänzen uns in unseren Fähigkeiten und schätzen das, was die andere gut kann. Wir sehen uns überhaupt nicht als Konkurrentinnen. Respekt ist die Grundlage unserer Zusammenarbeit. Nicht allein, sondern gemeinsam stark sein, das ist eine Superpower.
Aktuell müssen wir all unsere Kraft darauf konzentrieren, unseren Verein in schwierigen Zeiten stabil zu halten. Wir wollen Arbeitsplätze für alle erhalten.
Frauen in Führungspositionen Wie sehen Sie die Rolle von Frauen in der heutigen Geschäftswelt? Welche Veränderungen oder Fortschritte wünschen Sie sich für die Zukunft?
Kordula Weber: Immer noch sind heute nur knapp 30 % der Führungspositionen in Unternehmen von Frauen besetzt, in Aufsichtsräten und Vorständen sind sie kaum zu finden. Das hat natürlich etwas damit zu tun, dass mit der Elternzeit die Frauen häufig von Karriereposten verschwinden, weil fehlende Betreuungsmöglichkeiten für Kinder und immer noch ungleiche Bezahlung von Frauen und Männern dazu beitragen. Auch die Pflege von Angehörigen wird fast immer noch ausschließlich von Frauen übernommen. Hier gibt es gesellschaftliche Aufgaben zu tun, auch und immer noch bestehen manifestierte, unterschwellig wirkende Rollenzuschreibungen. Da muss auch Bildung und Erziehung ansetzen.
Angelika Funk: Es gibt vielfältige Untersuchungen, die zeigen, dass sich weibliche Führung positiv auf Unternehmen auswirkt. Wir versuchen im Verein aktiv weibliche Mitarbeitende anzusprechen, mehr Verantwortung zu übernehmen. Wir fördern und motivieren, dennoch ist bei uns trotz des großen Frauenanteils in der Mitarbeiterschaft die mittlere Führungsebene vorwiegend von Männern besetzt. Wir fördern durch die Möglichkeit, flexibel zu arbeiten, Arbeitszeitkonten aufzubauen, Elternzeiten zu nehmen, im mobilen Office zu arbeiten. Das ist auch eine Form von Empowerment. Aber da muss auch die Gesellschaft mitspielen. Ein Großteil unserer Mitarbeiterinnen arbeitet Teilzeit.
Leadership Mojito Wenn Ihre gemeinsame Führungsrolle ein Cocktail wäre, welchen speziellen Mix aus Eigenschaften und Fähigkeiten würden Sie hinzufügen, um den perfekten "Leadership Mojito" zu kreieren? Teilen Sie Ihr geheimes Rezept mit anderen Frauen und inspirieren Sie sie dazu, ihre Führungskompetenzen zu stärken!
Kordula Weber und Angelika Funk: Mut zur Führung, Widerstandskraft, gesunde Resilienz, hohe Eigenmotivation, gute Unterstützer:innen im beruflichen Alltag und im privaten Umfeld, Vertrauen in sich selbst und in die Mitarbeiterschaft. Und bei all dem - eine gute Prise Humor, auch sich selbst gegenüber.
Hoher Frauenanteil bei AuB Was hat dazu geführt? Steckt dahinter eine gezielte Strategie oder eher Zufall? Welche Vorteile und Nachteile bietet der hohe Frauenanteil in unserem Unternehmen.
Kordula Weber: Ich würde das jetzt gerne uns selbst auf die Fahne schreiben, aber ich denke, dass das einfach damit zu tun hat, dass die sozialen Berufe immer noch zu großen Teilen von Frauen ergriffen werden. Es gibt einfach mehr weibliche als männliche Bewerber:innen für unsere Projekte. Ich denke, Diversität in vielerlei Hinsicht ist bereichernd im Betrieb.
Angelika Funk: Wir tun alles, was geht, damit Frauen einen Beruf ausüben können. In unserem Verein haben Frauen Karrierechancen, dennoch tauchen sie auch hier in den Führungsrollen weniger auf und arbeiten weniger Wochenstunden. In den letzten Monaten erleben wir immer häufiger Männer, die mit dem Blick auf Work-Life-Balance und ihre Familienarbeit weniger Stunden arbeiten möchten. Das ist ein guter Anfang. Geteilte Familienarbeit ist die Grundlage für die Erwerbstätigkeit von Frauen. Deshalb machen wir viele Projekte für die Zielgruppe Frauen, in denen wir diese Ziele vermitteln. Selbstwirksam sein, die eigene kraft entdecken und vorangehen.
Gemeinsam stärken wir die Rolle von Frauen auch in unseren Projekten.